Gespräch mit dem schwierigen Gesellschafter: Klar bleiben, wenn Druck und Drama steigen
Schwierige Persönlichkeiten und Situationen
Gespräch mit dem schwierigen Gesellschafter: Klar bleiben, wenn Druck und Drama steigen
Gespräch mit dem schwierigen Gesellschafter: Wie du als Geschäftsführer auch bei Druck und Drama klar bleibst, souverän führst und Gespräche strukturiert lenkst.
Sonntagabend, Mail vom Gesellschafter
Sonntagabend.
Du sitzt auf dem Sofa.
Ein Glas Wein, ein Blick auf das Handy, kurz Ruhe vor der neuen Woche.
Dann leuchtet der Bildschirm.
Eine Mail.
Absender: Gesellschafter.
Betreff in Großbuchstaben, Ausrufezeichen, Vorwurf im Subtext.
Im Text Forderungen, emotionale Spitzen, Andeutungen über Konsequenzen.
Du spürst den Körper.
Der Magen zieht sich zusammen.
Die Schultern werden fester.
Gedanken beginnen zu kreisen:
„Wie wird das Gespräch morgen?“
„Welche Forderung steht als Nächstes im Raum?“
Genau in diesem Moment beginnt die Führung.
Sie zeigt sich im Meetingraum, im Joint Steering Committee und vor allem hier, im Übergang von deinem privaten Sonntag, in deinen Verantwortungsraum als Geschäftsführung.
Dieser Beitrag begleitet dich durch ein anspruchsvolles Format:
das Gespräch mit einem schwierigen Gesellschafter, mit Machtgefälle, Drama, narzisstisch gefärbten Mustern.
Du bleibst innerlich reguliert.
Du behältst deine Linie.
Du führst dich selbst –und damit die Situation.
Warum dieses Gespräch so stark triggert
Gesellschafter-Gespräche bewegen sich selten auf reiner Sachebene.
Sie berühren Identität, Sicherheit, alte Beziehungserfahrungen.
Machtgefälle und Abhängigkeitserleben
Der Gesellschafter entscheidet über Kapital, Anteile, über Mandat und vertragliche Rahmenbedingungen.
Er beeinflusst Boni, Vertragslaufzeiten, strategische Optionen.
Für dein Nervensystem entsteht ein Bild:
Hier sitzt jemand mit juristischer, finanzieller und symbolischer Macht.
Gerade in angespannten Phasen erleben viele Führungskräfte diese Konstellation wie eine Prüfung ihrer Existenzberechtigung im System.
Alte Vater- oder Mutter-Themen
Der Tonfall mancher Gesellschafter erinnert an frühere Autoritätspersonen.
Strenge Eltern, abwertende Lehrkräfte, dominante Vorgesetzte aus früheren Jahren.
Dein professionelles, erwachsenes Ich sitzt im Konferenzraum.
Parallel melden sich jüngere innere Anteile: kindliche Teile, die früher abhängig von Anerkennung lebten und Kritik als Bedrohung erlebten.
Diese Anteile wünschen Schutz und Orientierung.
Sie verstärken die Intensität des Moments –und genau dort liegt ein Schlüssel:
Je bewusster du diese inneren Dynamiken kennst, desto souveräner führst du dich in Machtkonstellationen.
Nervensystem in Alarmstellung
Der Körper reagiert rasch:
beschleunigter Puls, flachere Atmung, innere Unruhe.
Daraus entstehen typische Muster:
• Angriff: konfrontativer Ton, harte Worte, scharfe Widerworte.
• Rückzug: innerer Freeze-Zustand, Leere im Kopf, sprachliche Blockade.
• Anpassung: überlange Erklärungen, Selbstkritik, beschwichtigende Sätze.
Alle drei Muster entstammen einem nachvollziehbaren Ziel:
Sicherheit.
Sie zielen auf Stabilität und passen in alte Kontexte häufig erstaunlich gut.
In deiner Rolle als Geschäftsführung geladen mit Verantwortung für Unternehmen, Mitarbeitende, Stakeholder –braucht es eine Erweiterung:
Regulation, Klarheit, strategische Präsenz.
Innere Vorbereitung: Ziel, Rolle, Haltung
Bevor du in das Gespräch gehst, bereitest du zuerst dich selbst vor.
Leadership beginnt im Inneren.
Nimm dir bewusst einige Minuten, idealerweise mit Stift und Papier oder auf einem klar strukturierten One-Pager.
Schritt 1: Zielklärung
Frage dich sehr konkret:
• Welches Ergebnis wünsche ich mir aus diesem Gespräch?
• Welche Entscheidung oder Vereinbarung erhöht die Handlungsfähigkeit des Unternehmens?
• Welche Botschaft soll beim Gesellschafter verankert sein?
Formuliere ein bis zwei Sätze, zum Beispiel:
- „Ich sichere die Freigabe des Budgets für Q2 und schaffe Verständnis für die strategische Logik dahinter.“
- „Ich kläre den Entscheidungsrahmen für die nächsten zwölf Monate und erhalte ein möglichst klares Mandat.“
Dieses Ziel wird zu deinem inneren Navigationssystem.
Es begleitet dich durch jede Wendung des Gesprächs.
Schritt 2: Rollenklarheit
Die Rollenverteilung bildet einen zweiten Anker.
Schreibe auf:
• Wofür trage ich als Geschäftsführung Verantwortung?
• Wofür trägt der Gesellschafter Verantwortung?
• Wo verläuft die Grenze zwischen Operative, Strategie und Eigentümerrolle?
Beispiele für deine Verantwortung:
• Strategieentwicklung und -umsetzung
• Führung des Managementteams
• Risikomanagement, Liquiditätssicherung, KPI-Steuerung
• Transparentes Reporting
Beispiele für Verantwortung des Gesellschafters:
• Kapitalbereitstellung
• Definition des Rendite-Rahmens
• Entscheidung über große Weichenstellungen
• Besetzung von Spitzenpositionen
Diese Klarheit entlastet.
Du führst, was in deinem Mandat liegt.
Der Gesellschafter gestaltet, was in seinem Eigentümermandat liegt.
Schritt 3: Haltung definieren
Frage dich:
• Welche Haltung stärkt mich in diesem Gespräch?
Formuliere einen oder zwei Haltungssätze, zum Beispiel:
• „Ich begegne Druck mit ruhiger Klarheit.“
• „Ich stehe zu meinen Entscheidungen und bleibe lernbereit.“
• „Ich halte den Raum für sachorientierte Lösungen – auch bei hohem Drama-Level.“
Schreibe diese Sätze sichtbar auf.
Sie dienen als mentale Anker, wenn Emotionen intensiv werden.
Gesprächsarchitektur: klare Struktur statt Rechtfertigungsorgie
Ein Gesellschafter mit Hang zu Drama stellt viele Fragen, springt zwischen Themen, schafft Druck über Tempo und Ton.
Genau hier hilft Struktur.
Du bereitest eine Gesprächsarchitektur vor, die dir Orientierung gibt und gleichzeitig professionell wirkt.
A – Klarer Einstieg mit Rahmen
Zu Beginn setzt du den Rahmen:
„Vielen Dank für Ihre Zeit.
Mir ist wichtig, dass wir heute Klarheit zu drei Themen gewinnen:
Erstens zur aktuellen Lage und den Kennzahlen,
zweitens zur Strategie für die nächsten zwölf Monate
und drittens zu den dafür erforderlichen Entscheidungen.“
Du nennst Struktur und Agenda in einem Atemzug.
So übernimmst du die Führung über den Ablauf.
B – Drei bis vier Kernbotschaften
Bereite drei bis vier Botschaften vor, die deine Position tragen.
Beispiel:
1. „Das Unternehmen steht vor drei zentralen Herausforderungen: …“
2. „Unsere Strategie adressiert diese Herausforderungen mit diesen Hebeln: …“
3. „Für die Umsetzung benötigen wir folgende Ressourcen und Freiräume: …“
4. „Die wichtigsten Risiken und Gegenmaßnahmen lauten: …“
Kurze Sätze, klare Bulletpoints,
Business-Deutsch
statt verschachtelter Rechtfertigungen.
C – Fragen führen statt verteidigen
Ein schwieriger Gesellschafter nutzt Fragen oft wie Scheinwerfer.
Er leuchtet Schwachstellen aus und erhöht den Druck über Tonfall und Tempo.
Du bleibst präsent und führst zurück zur Struktur.
Beispieldialog
Gesellschafter:
„Wie konnte es zu diesem Ergebnis kommen?
Das wirkt komplett unprofessionell.“
Du:
„Sie sprechen ein zentrales Thema an.
Die drei Hauptursachen für das Ergebnis sind A, B und C.
Wir haben dazu bereits Maßnahmen gestartet.
Ich führe Sie gern durch die wichtigsten Punkte.“
Du würdigst die Bedeutung des Themas
und präsentierst gleichzeitig deine Analyse und deinen Plan.
D – Abschluss mit Vereinbarung
Am Ende fasst du zusammen:
„Lassen Sie uns den Stand sortieren:
Wir halten fest, dass …
Ich übernehme folgende nächsten Schritte …
Sie entscheiden über …
Wir vereinbaren ein Update bis …“
Dadurch erhält das Gespräch einen klaren Abschluss.
Du verlässt den Raum mit Vereinbarungen statt mit diffusem Druckerleben.
Umgang mit Eskalation: Angriff, Abwertung, Drohung
Manche Gespräche verlaufen ruhig, andere erreichen spürbar höhere Intensität.
Genau auf diese Momente lohnt sich Vorbereitung.
1. Innenstopp und Atmen
Sobald der Ton schärfer wird,
setzt du innerlich ein klares Zeichen:
Stopp.
Einatmen.
Länger ausatmen.
Drei Atemzüge verschieben den Zustand.
Stresshormone erhalten weniger Futter,
der präfrontale Kortex gewinnt Spielraum.
Du bleibst führungsfähig.
2. Inhalt und Beziehung trennen
Viele Angriffe verwischen Sach- und Beziehungsebene.
Beispieldialog
Gesellschafter:
„Mit dieser Leistung gefährden Sie das ganze Unternehmen.
Jeder halbwegs fähige Manager erkennt die Risiken früher.“
Du:
„Sie beschreiben eine starke Sorge um das Unternehmen.
Gleichzeitig betrachten wir die Fakten der aktuellen Situation.
Die drei größten Risiken sind …
und die dazugehörigen Maßnahmen lauten …“
Du erkennst die Emotion, strukturierst gleichzeitig die Datenlage.
3. Grenzen im Ton setzen
Professionelle Führung integriert klare Grenzen.
Respekt gehört zur Governance-Kultur.
Möglichkeit:
„Mir liegt ein respektvoller Umgang sehr am Herzen.
In einem solchen Rahmen treffen wir tragfähige Entscheidungen.
Lassen Sie uns auf dieser Basis weitergehen.“
Du bleibst ruhig, vermeidest moralische Vorwürfe und setzt einen Standard.
4. Drohungen entgiften
Drohungen zielen auf das Nervensystem.
Sie erzeugen Beschleunigung, engen den Blick ein und verleiten zu überhasteten Zusagen.
Beispieldialog
Gesellschafter:
„Wenn sich die Lage in den nächsten Wochen aus Ihrer Sicht unverändert zeigt, ziehe ich personelle Konsequenzen.“
Du:
„Sie bringen sehr weitreichende Konsequenzen ins Spiel.
Damit eine solche Entscheidung tragfähig wirkt, helfen drei Informationsblöcke:
erstens der aktuelle Status,
zweitens die Szenarien mit den geplanten Maßnahmen sowie alternativen Verläufen,
drittens die Auswirkungen auf Liquidität, Kultur und Marktposition.
Ich führe Sie gern Schritt für Schritt hindurch.“
Du erkennst die Tragweite der Drohung an, rahmst sie als Entscheidung mit Folgen und führst sie in eine strukturierte Betrachtung.
5. Die „Schallplatte“ der Kernbotschaften
Hohe emotionale Ladung verführt dazu, ständig neue Argumente zu liefern.
Deine Souveränität steigt, wenn du bei deinen Kernbotschaften bleibst.
Immer wieder:
• „Mir ist der Schutz der Liquidität wichtig bei gleichzeitiger Sicherung unserer strategischen Position.“
• „Die geplante Lösung verknüpft Effizienz und Zukunftsfähigkeit.“
Du wiederholst ruhig, mit ruhigem Tonfall.
Damit signalisierst du innere Stabilität.
Nachsorge: Nervensystem beruhigen, auswerten, wachsen
Nach anspruchsvollen Gesprächen läuft im Inneren häufig ein zweiter Film:
Replays, innere Diskussionen, neue Formulierungen im Kopf.
Mit bewusster Nachsorge verwandelt sich dieser Film in einen Lernprozess auf Executive-Niveau.
Schritt 1: Körper regulieren
Plane nach wichtigen Gesellschafter-Gesprächen einen Block mit Abstand zu direkt anschließenden Hochdruck-Meetings.
Ein Spaziergang um den Block, ein paar Minuten langsame Bewegung, bewusste Atmung am offenen Fenster wirken wie ein Reset für das Nervensystem.
Der Körper baut Adrenalin ab, die Muskulatur entspannt sich, die Wahrnehmung weitet sich.
Schritt 2: Kurzes Reflexionsprotokoll
Nimm dir zehn bis fünfzehn Minuten für eine strukturierte Auswertung.
Fragen dafür:
• Welche Sequenzen des Gesprächs empfand ich als stärkend?
• Wo erlebte ich mich klar, präsent, auf Augenhöhe?
• In welchen Momenten verstärkte sich innere Anspannung?
• Welche Sätze oder Interventionen setze ich beim nächsten Mal erneut ein?
• Welche Unterstützung stärkt mich für kommende Runden (Coaching, Sparring, Supervision)?
Dieses Reflexionsritual macht aus jeder anspruchsvollen Situation ein Führungstraining auf hohem Niveau.
Schritt 3: Innere Würdigung
Viele Top-Führungskräfte nehmen sich streng wahr.
Sie fokussieren vermeintliche Schwächen und übersehen den Umfang ihrer Leistung.
Baue ein Ritual der Würdigung ein.
Zum Beispiel drei Sätze nach dem Gespräch:
• „Ich habe ein sehr anspruchsvolles Gespräch geführt.“
• „Ich habe Verantwortung übernommen und Struktur angeboten.“
• „Ich wachse an diesen Situationen und erweitere meine Führungskompetenz.“
Diese innere Haltung formt deine Identität als Executive, der auch in komplexen Machtkonstellationen präsent, reflektiert und handlungsfähig bleibt.
Governance, Sparring, langfristige Stärke
Gespräche mit schwierigen Gesellschaftern stehen immer in einem größeren Kontext.
Sie verbinden sich mit Strukturen:
• Gesellschaftsvertrag
• Beirat oder Aufsichtsrat
• Reporting-Formate
• Regelkommunikation zwischen Geschäftsführung und Gesellschaftern
Je klarer diese Strukturen, desto besser trägt dich das System in konflikthaften Phasen.
Regelmäßige Jour-fixe-Termine,
klare Entscheidungswege,
transparente Entscheidungsgrundlagen
stärken deine Position.
Zusätzlich wirkt professionelles Sparring wie ein Verstärker:
Ein externer Executive-Coach oder therapeutisch versierter Sparringspartner hilft, Muster im Zusammenspiel mit schwierigen Persönlichkeiten sichtbar zu machen, alte Trigger zu verstehen und neue Reaktionsmöglichkeiten zu verankern.
So entsteht nach und nach eine innere und äußere Architektur, die dich auch in intensiven Situationen trägt.
Abschließender Gedanke: Souveränität im Sturm
Der schwierige Gesellschafter, die Mail am Sonntagabend, die angespannte Lage im Unternehmen –all das gehört zum Spielfeld von Spitzenverantwortung.
Du gestaltest, wie du auf diesem Spielfeld erscheinst.
Du kannst Drama spiegeln oder Klarheit ausstrahlen.
Du kannst zwischen alte Muster zurückfallen oder deine Führung auf ein neues Level heben.
Mit jeder bewussten Vorbereitung, mit jedem strukturierten Gespräch, mit jeder reflektierten Nachsorge wächst deine Souveränität.
Du wirst zur Person, die selbst in stürmischen Machtkonstellationen ruhig atmet, klar spricht und Verantwortung trägt –für sich, für das Unternehmen, für alle Menschen, die diesem System vertrauen.
Genau diese Qualität zeichnet exzellente Führung aus und macht dich zu einer unverzichtbaren Kraft im Zusammenspiel mit Gesellschaftern –auch mit den schwierigen.
Unterstützung
Einen Überblick, wobei ich im Rahmen von Coaching und Beratung (keinerlei Rechtsberatung!) unterstütze, habe ich hier vorbereitet.
Frage mich ruhig persönlich
Bei Interesse, für persönliche Fragen und Terminvereinbarungen, kommen wir am leichtesten über das nachfolgende Kontaktformular zusammen. Auch per E-Mail (mail@karstennoack.de) bin ich zu erreichen. Die Anzahl der Anrufe wurde so groß, dass ich nun ausschließlich auf diese Nachrichten reagiere. Klienten erhalten entsprechende Telefonnummern.
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Die Artikel sind meist kurze Auszüge der umfangreicheren Kursunterlagen, die Teilnehmende im entsprechenden Gruppen- oder Einzeltraining oder im Coaching erhalten.
Autor: Karsten Noack
Erstveröffentlichung: 11. Mai 2008
Überarbeitung: 16. August 2025
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