Gespräch mit dem „unantastbaren“ Top-Performer: Grenzen setzen, Kultur schützen

Schwierige Persönlichkeiten und Situationen: Leistungsträger führen statt fürcht
Karriereentscheidungen: Für die Karriere gilt es gute Entscheidungen zu treffen - Karriere Coaching Berlin

Gespräch mit dem „unantastbaren“ Top-Performer

 

Wenn der umsatzstärkste Mensch im Unternehmen klare Grenzen braucht

Fast jedes Unternehmen kennt diesen Namen.
Die eine Person, die „alles dreht“.

Top-Performer, Umsatzmaschine, Schlüsselfigur.
Kunden lieben ihn, Zahlen glänzen, Projekte laufen über seinen Tisch.

Gleichzeitig kennen viele eine zweite Seite:
respektloser Ton, Machtspiele, Demütigungen, bewusste Grenzüberschreitungen.
Im Raum stehen zwei Sätze, die sich gegenseitig blockieren:

„Ohne ihn verlieren wir Umsatz.“
„Mit ihm verlieren wir Kultur, Respekt und gute Leute.“

Dieser Artikel führt dich durch eines der heikelsten Gespräche im Führungsalltag:
das Gespräch mit dem „unantastbaren“ Top-Performer, in dem du Leistung anerkennst und zugleich klare Grenzen setzt.

 

 

 

1. Das Dilemma: Umsatzmaschine mit toxischem Verhalten

 

Der „unantastbare“ Top-Performer steht oft für:

außergewöhnliche Umsätze,
starke Kundenbeziehungen,
spezielles Know-how,
ein Netzwerk, das schwer zu ersetzen wirkt.

Parallel zeigt sich im Umfeld:

  • harscher Ton gegenüber Kolleg:innen,
  • Abwertung in Meetings,
  • eigenes Regelwerk („für mich gelten andere Spielregeln“),
  • stille oder offene Drohgebärden.

Die Organisation sendet unbewusst eine Botschaft:

„Wer stark genug liefert, steht über Kultur, Regeln und Umgang.“

 

Die Folgen:

  • Talente wandern ab,
  • das Mittelfeld arbeitet im Schutzmodus statt im Gestaltungsmodus,
    Loyalität sinkt,
  • die Kultur zerfranst – leise, aber stetig.

Genau hier entsteht deine Aufgabe als Geschäftsführung:
Erfolg sichern und Kultur schützen – gleichzeitig.

 

 

 

2. Innerer Check: Was steht für dich wirklich auf dem Spiel?

 

Bevor du in das Gespräch gehst, lohnt ein ehrlicher Blick nach innen.

 

 

Deine Befürchtungen

 

Typische innere Sätze:

„Wenn er geht, reißt er Kunden mit.“
„Wenn sie sich angegriffen fühlt, startet sie eine Gegenkampagne.“
„Wenn das schiefgeht, sehen mich andere als riskant.“

Diese Gedanken zeigen:
Hier begegnen sich Macht, Verlustangst und Verantwortung.

 

 

Deine Verantwortung

 

Drei Ebenen tragen deine Entscheidung:

  • Kultur: Welche Standards gelten wirklich – nicht nur auf dem Papier?
  • Menschen: Wie erleben Mitarbeitende Führung, Respekt und Schutz?
  • Du selbst: Wie blickst du auf dich als Führungspersönlichkeit, wenn du so weitermachst wie bisher?

 

Ein innerer Satz kann dir Kraft geben:

„Ich trage Verantwortung für Leistung und Kultur. Beide bilden die Basis für nachhaltigen Erfolg.“

Mit dieser Haltung bereitest du das Gespräch vor.

 

 

 

3. Vorbereitung: Setting, Fakten, Wirkung, rote Linie

 

Ein Gespräch dieser Tragweite lebt von klarer Vorbereitung.

 

 

Setting gestalten

 

Du wählst bewusst:

Rahmen: Gespräch unter vier Augen, vertraulich, neutraler Raum.
Zeit: Termin mit genug Luft davor und danach, kein Hineinquetschen zwischen zwei Calls.
Signal: wertschätzende Ankündigung, kein Überfall-Flurgespräch.

 

Zum Beispiel:

„Ich möchte mit dir ein Gespräch über deine Rolle und Wirkung im Unternehmen führen. Dein Beitrag besitzt großen Wert, genau deshalb erhält dieses Thema einen eigenen Termin. Passt dir am … um …?“

 

 

Fakten sammeln

 

Statt „Du bist toxisch“ sammelst du konkrete Beispiele:

  • Situationen, in denen Menschen abgewertet wurden,
  • Episoden, in denen Zusagen einseitig ignoriert wurden,
  • Momente, in denen der Umgangston Teams destabilisiert hat.

 

Du formulierst stichwortartig:

  • „Meeting am …, Kommentar zu Kollegin X …“
  • „Projekt Y, Alleingang bei Entscheidung Z, Auswirkung auf Team …“

Je konkreter, desto stabiler dein Stand.

 

 

Wirkung beschreiben

 

Du betrachtest:

  • Auswirkungen auf das Team („Rückzug, Angst, Fluktuation“),
  • Auswirkungen auf andere Führungskräfte („Unsicherheit, Frust“),
  • Auswirkungen auf Kunden („Spannungen, Beschwerden, Irritationen“),
  • Auswirkungen auf dich („Bauchgefühl, innere Unruhe, Werte-Konflikt“).

 

Ein innerer Satz dazu:

„Dieses Verhalten erzeugt Ergebnisse mit Kollateralschäden, die unsere Führungs- und Unternehmenskultur untergraben.“

 

 

Rote Linie klären

 

Vor dem Gespräch definierst du für dich:

Was passiert ab jetzt nicht mehr in diesem Unternehmen?
Welche Standards gelten für alle – unabhängig von Umsatz und Status?

 

Ein möglicher Satz, den du dir vornimmst:

„Ab heute gelten für alle Führungskräfte die gleichen Standards im Umgang mit Menschen – unabhängig von Zahlen, Titeln oder Historie.“

Diese Klarheit trägt das ganze Gespräch.

 

 

 

4. Gesprächsaufbau: Würdigung, klare Grenze, Entwicklungsangebot

 

Das Gespräch folgt einer klaren Dramaturgie.

 

 

Einstieg: Leistung würdigen

 

Du beginnst mit aufrichtiger Anerkennung:

„Dein Beitrag für Umsatz, Kundenbeziehungen und Entwicklung dieses Unternehmens bildet einen zentralen Pfeiler unserer Erfolgsgeschichte. Viele Projekte und Abschlüsse tragen sehr deutlich deine Handschrift.“

Der Top-Performer spürt: Hier spricht jemand, der sieht, was er leistet.

 

 

Wendepunkt: Spannungsfeld benennen

 

Dann markierst du den thematischen Wechsel:

„Neben dieser starken Seite sehe ich ein Spannungsfeld, das sich deutlich verstärkt. Dieses Spannungsfeld betrifft dein Verhalten im Umgang mit Kolleg:innen und Teams.“

Du belegst das mit deinen konkreten Beispielen, ruhig und sachlich.

 

 

Kernbotschaft: Leistung + Haltung als Doppelstandard

 

Danach folgt deine Kernbotschaft:

„Leistung auf deinem Niveau bringt enorme Stärke in das Unternehmen. Gleichzeitig steht unser Anspruch an Führung klar: Ergebnisstärke und respektvoller Umgang gehen gemeinsam. Dieser Standard gilt für alle Führungskräfte – ohne Ausnahme.“

Du sprichst nicht über Charakter, sondern über Verhalten und Anspruch.

 

 

Entwicklungsangebot statt reine Drohung

 

Du öffnest eine Tür:

„Ich sehe in dir sehr viel Potenzial, diese Wirkung noch breiter zu entfalten – auch als Vorbild im Umgang mit Menschen. Wenn du diesen Weg gehen möchtest, unterstütze ich dich gern, zum Beispiel mit Coaching oder gezieltem Sparring.“

So signalisierst du: Es geht nicht um Abstrafung, sondern um Entwicklung und Verantwortung.

 

 

Gespräch öffnen

 

Jetzt erhält dein Gegenüber Raum:

„Mich interessiert deine Sicht auf diese Punkte. Welche Wirkung nimmst du selbst wahr?“

Du hörst zu, ohne deine Linie zu verlieren. Du verstehst, ohne zu relativieren.

 

 

 

5. Konkrete Vereinbarungen: Verhalten, Feedbackwege, Konsequenzen

 

Ein solches Gespräch wirkt durch Klarheit im Anschluss.

 

 

Verhalten konkretisieren

 

Gemeinsam formuliert ihr:

  • welche Verhaltensweisen du in Zukunft erwartest,
  • welche Verhaltensweisen enden,
  • wie in Stresssituationen gehandelt wird.

 

Zum Beispiel:

„Kritik an Mitarbeitenden erfolgt klar, sachlich und respektvoll – niemals abwertend.“
„Feedback zu Kolleg:innen läuft direkt und zeitnah, nicht über Dritte oder in großer Runde.“

 

 

Feedbackwege festlegen

 

Ihr vereinbart, wie ihr dranbleibt:

  • kurze regelmäßige Check-ins,
  • Feedback aus dem direkten Umfeld (z. B. HR, Teamleitung, 360°-Feedback),
  • bei Bedarf begleitendes Coaching.

 

Formulierung:

„Wir vereinbaren heute diese neue Linie und prüfen in sechs Wochen gemeinsam, wie sie sich im Alltag zeigt – anhand von Beispielen und Rückmeldungen.“

 

 

Konsequenzen klar aussprechen

 

Sehr ruhig, ohne Drohtonalität:

„Falls sich trotz dieser Vereinbarung dauerhaft keine Veränderung zeigt, prüfen wir gemeinsam, ob die aktuelle Rolle in dieser Form weiterhin passend bleibt. Meine Verantwortung liegt darin, Leistung und Kultur gleichermaßen zu sichern.“

Damit stellst du keine Bühne für Drama bereit, sondern beschreibst die Logik von Führung.

 

 

 

6. Emotionale Ebenen sehen und weiterhin führen

 

Dieses Gespräch berührt Identität und Ego:

Stolz,
Kränkung,
das Gefühl, „nicht gewürdigt“ zu sein,
Angst vor Statusverlust.

Du erkennst diese Emotionen an:

„Ich sehe, dass dich dieses Gespräch deutlich berührt. Das verstehe ich gut, bei deinem Beitrag für das Unternehmen.“

Gleichzeitig führst du weiter:

„Genau wegen dieses Beitrags erhält dieses Thema Gewicht. Deine Rolle wirkt stark nach innen und außen. Unser gemeinsames Ziel lautet: maximale Wirkung, verbunden mit einer Kultur, auf die wir stolz sind.“

Du kippst nicht in Rechtfertigung oder Verteidigung, du bleibst auf der Führungs- und Verantwortungsebene.

 

 

 

7. Nachhalten, Rückfälle, Kommunikation ins Team

 

Nach dem Gespräch beginnt die Phase, in der Kultur sichtbar wird.

Verhalten beobachten und spiegeln

Du sammelst Eindrücke aus:

  • eigenen Beobachtungen,
  • Rückmeldungen vertrauenswürdiger Führungskräfte,
  • vielleicht anonymisierten Signalen aus dem Team.

 

Du gibst zeitnah Rückmeldung:

„Hier sehe ich eine sehr positive Entwicklung …“
„Hier zeigte sich ein Muster, das wir bereits besprochen hatten …“

 

 

Rückfälle einordnen

 

Einzelne Ausrutscher gehören zu Veränderungsprozessen.
Dauerhafte Wiederholungen ohne sichtbare Lernbereitschaft senden eine andere Botschaft.

 

Im Check-in-Gespräch kannst du sagen:

„Wir hatten vereinbart, in Situationen wie X anders zu reagieren. In Fall Y tauchte das alte Muster wieder auf. Was brauchst du, um die neue Linie verlässlich zu leben?“

 

 

Konsequente Schlussfolgerung: Trennung als Statement

 

Bleibt destruktives Verhalten trotz klarer Vereinbarung stabil, wächst die Verantwortung für eine konsequente Entscheidung.

Eine professionelle Trennung, respektvoll kommuniziert, sendet eine starke Botschaft:

  • an das Führungsteam: „Standards gelten für alle.“
  • an Mitarbeitende: „Respekt gehört zum Kern unserer Kultur.“
  • an den Markt: „Dieses Unternehmen verbindet Leistung mit Haltung.“

 

 

 

Kommunikation ins Unternehmen

 

Nach einer Trennung informierst du das Unternehmen mit Fokus auf Verantwortung und Werte, ohne Details auszubreiten:

„Wir haben uns in gegenseitigem Respekt auf eine Beendigung der Zusammenarbeit geeinigt. Diese Entscheidung entstand aus unserer Verantwortung für Kultur und langfristige Ausrichtung. Leistung und respektvoller Umgang bilden für uns eine Einheit.“

So schützt du die Würde der Person und setzt gleichzeitig ein klares Zeichen.

 

 

 

8. Deine innere Arbeit: Macht, Angst und Integrität

 

Ein Gespräch mit einem „unantastbaren“ Top-Performer stellt auch einen Spiegel für dich dar.

Drei Reflexionsfragen helfen dir:

  • Wie möchte ich als Führungspersönlichkeit in Erinnerung bleiben, wenn ich auf diese Phase zurückblicke?
  • Welche Kultur wünsche ich mir in drei Jahren – und welchen Beitrag leistet dieses Gespräch dazu?
  • Welche Entscheidung bringt mich meiner eigenen Vorstellung von Integrität näher?

Genau hier entsteht innere Klarheit:

  • Du führst nicht gegen jemanden,
  • du führst für das Unternehmen, für dein Team – und für dich selbst.

Und oft zeigt sich:
In dem Moment, in dem du innerlich bereit bist, auch ohne diese Person weiterzugehen, verändert sich die gesamte Dynamik.

Dann entsteht echte Freiheit – für dich, für das Unternehmen und für eine Kultur, die zu deinen Werten passt.

P.S.

 

Wie steht es mit Fragen, Anregungen, Erfahrungen?

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Autor: Karsten Noack
Erstveröffentlichung: 11. Mai 2008
Überarbeitung: 16. August 2025

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