Familiäres Drama im Familienunternehmen: Wie du die wirklich schwierigen Gespräche führst

Schwierige Persönlichkeiten und Situationen
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Familiäres Drama im Familienunternehmen: Wie du die wirklich schwierigen Gespräche führst 

 

Familienunternehmen verbinden zwei Welten: Emotion und Bilanz, Kindheit und Strategie, Weihnachtsessen und Gesellschafterversammlung. Diese Mischung schenkt enorme Kraft und gleichzeitig hohe Spannung. Eltern-Generation, Geschwister, Partnerin oder Partner, Kinder – alle bringen Erwartungen, Verletzungen, Hoffnungen und Loyalitäten mit. Und du stehst mittendrin: als Geschäftsführer:in, Unternehmer:in, Sohn oder Tochter, Bruder oder Schwester.

Dieser Artikel zeigt dir, wie du inmitten familiärer Dynamiken handlungsfähig bleibst, die wirklich schwierigen Gespräche führst und dabei Würde, Respekt und innere Freiheit stärkst.

 

 

 

Typische Konstellation: Eltern, Geschwister, Partner – und du mittendrin

 

Eine häufige Konstellation im Familienunternehmen sieht so aus:
• Die Eltern-Generation als Gründer: starke Persönlichkeiten, enorme Lebensleistung, tiefe emotionale Verbindung zum Unternehmen.
• Die Geschwister: gemeinsam aufgewachsen, früh verglichen, unterschiedlich bewertet, mit sehr verschiedenen Talenten und Lebensentwürfen.
• Die Partnerinnen und Partner: von außen in die Familie gekommen, direkt mitbetroffen von jeder Krise, jeder Auseinandersetzung, jedem strategischen Schwenk.

Du selbst trägst Verantwortung für Umsätze, Mitarbeitende, Banken, Markt, Digitalisierung, Kultur. Gleichzeitig prallen alte Familiendynamiken auf betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten: Ein Kommentar von Vater oder Mutter bringt dich emotional in die Jugend zurück, während du gleichzeitig vor zwanzig Führungskräften stehst. Ein Geschwister-Thema berührt alte Rivalitäten, während externe Stakeholder Stabilität erwarten.

Die gute Nachricht: Du kannst diese Spannungsfelder nicht vollständig vermeiden, jedoch sehr bewusst führen. Ein Schlüssel liegt in der Klarheit deiner Rollen.

 

 

 

Rollensalat: Kind, Geschäftsführer:in, Bruder oder Schwester

 

Im Familienunternehmen melden sich häufig mehrere innere „Ichs“ gleichzeitig:
• Das Kind, das sich Anerkennung, Nähe oder Gerechtigkeit wünscht.
• Die Geschäftsführerin, die Entscheidungen im Sinne des Unternehmens trifft.
• Der Bruder oder die Schwester, die alte Familiengeschichten im Hinterkopf haben.

Ein Satz wie „Früher warst du schon immer …“ kann den inneren Teenager aktivieren, während du eigentlich als Geschäftsführung sprechen möchtest.

Drei Fragen helfen dir, innerlich aufzuräumen:
1. Aus welcher Rolle spreche ich gerade – Kind, Geschäftsführung, Geschwister?
2. Welche Rolle passt zur Situation und zu meiner Verantwortung?
3. Wie fühlt sich mein Körper an, wenn ich mich innerlich klar auf diese Rolle ausrichte?

In vielen Gesprächen kannst du dich innerlich ausrichten: „Ich trete jetzt als erwachsene, verantwortliche Person auf, die zugleich Kind dieser Familie ist – nicht als Kind, das sich rechtfertigt.“ Diese innere Klarheit verändert Tonfall, Haltung und Wirkung.

 

 

 

Struktur im Hintergrund: Governance statt Dauer-Drama

 

Neben der inneren Arbeit hilft eine bewusste strukturelle Ebene. Familienunternehmen gewinnen enorm, wenn Familien-Themen und Unternehmens-Themen klare Gefäße erhalten:
• Familienverfassung mit Grundsätzen zu Eigentum, Nachfolge, Rollen und Entscheidungswegen.
• Gremien wie Familienrat oder Beirat, die Konflikte auffangen und moderieren.
• Trennung von operativer Geschäftsführung und Gesellschafterebene mit klaren Zuständigkeiten.

So entsteht ein Rahmen, in dem emotionale Themen ihren Platz erhalten, ohne ständig die operative Steuerung zu blockieren. Schwierige Gespräche verlaufen dann nicht ausschließlich im Wohnzimmer oder am Esstisch, sondern in passenden Formaten.

 

 

 

Gespräch mit der Eltern-Generation: Respekt und klare Grenzen

 

Die Eltern-Generation verkörpert häufig Mut, Verzicht und jahrzehntelangen Einsatz. Gleichzeitig tauchen Verhaltensweisen auf, die heute blockieren: spontanes Reingrätschen in operative Themen, öffentliche Kommentare vor Mitarbeitenden, mangelnde Übergabe von Verantwortung.

 

 

Vorbereitung

 

Vor dem Gespräch klärst du für dich:
• Wofür empfinde ich echte Dankbarkeit gegenüber meinen Eltern?
• Welches Verhalten erlebe ich als hinderlich für meine heutige Rolle?
• Welche Grenze möchte ich formulieren und konsequent halten?

 

 

 

Setting

 

Solche Gespräche verdienen einen ruhigen Rahmen: kein Familienfest, kein Zwischenruf im Büroflur, sondern ein bewusst vereinbarter Termin. Idealerweise mit klarer Agenda, ausreichend Zeit und ohne Störungen.

 

 

Sprache im Gespräch

 

Ein möglicher Einstieg:

„Eure Lebensleistung beeindruckt mich sehr. Das Unternehmen existiert durch euren Mut, eure Arbeit und eure Ausdauer. Gleichzeitig trage ich heute Verantwortung als Geschäftsführung in einer anderen Zeit, mit anderen Anforderungen. Darüber, wie wir Verantwortung und Entscheidungsräume gestalten, möchte ich gern mit euch sprechen.“

Dann beschreibst du konkret:

„In Meetings greift ihr manchmal direkt in operative Entscheidungen ein, nachdem das Team bereits intensiv an Lösungen gearbeitet hat. Das verunsichert Führungskräfte und schwächt meine Rolle. Mein Wunsch ist: Strategische Weichenstellungen besprechen wir gemeinsam, operative Entscheidungen verantwortet das aktuelle Management.“

Du bleibst beim Verhalten, bei der Wirkung und beim Wunsch für die Zukunft. So verbindest du Respekt mit Klarheit.

 

 

 

Gespräch mit Geschwistern: Rollen, Verantwortung, Vergütung

 

Geschwister bringen viel Geschichte mit: Vergleiche, Allianzen, Verletzungen, Erfolgsgeschichten. Im Unternehmen kommen dazu: Titel, Macht, Vergütung, Sichtbarkeit. Konfliktstoff entsteht, sobald Rollen unklar wirken.

 

Rollen klären

Ein gemeinsames Gespräch mit klarer Zielsetzung wirkt hier enorm entlastend. Leitfragen:
• Wer trägt welche operative Verantwortung?
• Welche Entscheidungen trifft die Geschäftsführung, welche die Gesellschafterversammlung?
• Wer repräsentiert das Unternehmen nach außen in welcher Rolle?

 

Du kannst sagen:

„Damit wir als Familie und als Unternehmen kraftvoll wirken, hilft uns eine klare Rollenverteilung. Lass uns gemeinsam definieren, in welcher Funktion wir jeweils handeln, und wie Entscheidungen zustande kommen.“

 

 

Vergütung trennen von Liebe

 

Vergütung steht für Marktwert einer Rolle, nicht für Zuwendung innerhalb der Familie. Ein transparentes System reduziert Missgunst.

Im Gespräch:

„Unsere Vergütung bildet die Verantwortung der jeweiligen Funktion und die Marktverhältnisse ab. Lasst uns ein Modell entwickeln, das diese Kriterien abbildet und das wir als fair empfinden. Unsere familiäre Beziehung steht für sich und bleibt unabhängig davon.“

So transportierst du: Du siehst den Menschen und gleichzeitig die Rolle.

 

 

 

Gespräch mit Partner:in: Was du trägst – und wo ihr euch schützt

 

Die Partnerschaft wird häufig zur ersten Adresse für Spannungen aus dem Familienunternehmen. Das schafft Nähe, kann gleichzeitig das Privatleben dominieren.

 

 

Offenheit

 

Sätze wie:

„Die aktuellen Diskussionen mit meinen Eltern und Geschwistern beschäftigen mich intensiv. Es tut mir gut, dir zu schildern, wie sich das für mich anfühlt.“

oder

„Ich erlebe gerade eine starke Verantwortung im Unternehmen und wünsche mir, dass du weißt, wie viel mich das innerlich bewegt.“

verstärken Verbundenheit.

 

 

 

Schutzraum für die Beziehung

 

Genauso wichtig: manches bewusst draußen zu lassen. Du kannst sagen:

„Ich teile mit dir sehr gern, wie es mir geht. Einzelne Details aus Verhandlungen oder Konflikten lasse ich bewusst im Unternehmen, damit wir zuhause einen Raum ohne diese Themen behalten.“

So bleibt die Partnerschaft ein Ort der Stärkung, nicht ein zweites Sitzungsgremium.

 

 

 

Gesprächs-Setting und Umgang mit Eskalation

 

Schwierige Familiengespräche profitieren von einem klaren Rahmen:
• klare Einladung („Ich möchte mit dir / euch über unsere Zusammenarbeit im Unternehmen sprechen“),
• definierter Ort (neutral, ruhig, nicht beim Familienfest),
• Zeitfenster mit Puffer,
• bei komplexen Themen eventuell moderiert durch eine neutrale Person (Coach, Mediator:in, Beirat).

Kommt es im Gespräch zu starker Emotionalität, helfen drei Schritte:
1. Innerer Stopp: atmen, innerlich in die Rolle als erwachsene, verantwortliche Person wechseln.
2. Benennen: „Ich erlebe gerade sehr viel Emotion im Raum. Mir ist wichtig, dass wir bei aller Intensität respektvoll bleiben.“
3. Struktur: „Lass uns an dieser Stelle eine kurze Pause machen und danach zu den drei ursprünglich geplanten Punkten zurückkehren.“

Wenn ein Gespräch deutlich aus dem Ruder läuft, stärkt ein Satz wie:

„Mir liegt ein respektvoller Umgang sehr am Herzen. In dieser Form gelingt uns das gerade nicht. Ich schlage vor, dass wir das Gespräch vertagen und zu einem anderen Zeitpunkt mit einem klaren Rahmen fortsetzen.“

So schützt du dich und das System, ohne in Gegenangriff zu gehen.

 

 

Innere Arbeit: Loyalität, Schuld, Freiheit

 

Unter der Oberfläche familiärer Konflikte wirken häufig drei starke Kräfte: Loyalität, Schuld und der Wunsch nach Freiheit.

 

 

Loyalität

 

Loyalität gegenüber Familie, Geschichte und Unternehmen trägt dich. Sie verleitet gleichzeitig dazu, eigene Bedürfnisse komplett zurückzustellen oder ungesunde Strukturen zu erhalten.

Ein innerer Satz kann lauten:

„Ich ehre, was meine Familie aufgebaut hat, und führe es auf meine eigene, zeitgemäße Weise weiter.“

 

 

Schuld

 

Schuldgefühle tauchen auf, wenn du dich abgrenzt, Entscheidungen triffst, die nicht allen gefallen, oder wenn du spürst, dass du einen anderen Weg einschlägst als erwartet.

 

Ein hilfreicher Gedanke:

„Ich trage Verantwortung für meine Generation und für die Zukunft des Unternehmens. Entscheidungen, die heute Klarheit, Gesundheit und Stabilität fördern, würdigen die Vergangenheit, weil sie das Unternehmen überhaupt zukunftsfähig halten.“

 

 

Freiheit

 

Freiheit bedeutet im Familienunternehmen nicht, sich von der Familie zu lösen, sondern eine eigene innere Position zu finden. Du kannst lieben, wertschätzen und gleichzeitig selbst entscheiden.

Fragen für deine Reflexion:
• Welche unausgesprochene Erwartung meiner Familie wirkt besonders stark in mir?
• Welche Form von Führung fühlt sich für mich authentisch an?
• Welche Entscheidung würde mir langfristig das Gefühl geben, im Einklang mit mir selbst und dem Unternehmen zu handeln?

 

 

 

Nachsorge: Wie du nach schwierigen Gesprächen bei dir ankommst

 

Nach intensiven Gesprächen mit Eltern, Geschwistern oder Partner:innen bleibt häufig ein emotionaler Nachhall. Gedanken kreisen, Sätze laufen innerlich weiter, der Körper steht unter Spannung.

Drei einfache Schritte unterstützen dich:
1. Bewegung: ein Spaziergang, ein kurzer Lauf, bewusste körperliche Aktivität zur Entladung.
2. Reflexion: ein paar Stichworte schriftlich festhalten – Was war gut? Was wünsche ich mir beim nächsten Mal anders? Welche Grenze habe ich gut gehalten?
3. Sparring: bei Bedarf ein kurzes Nachgespräch mit einer neutralen Person, die das System versteht, ohne Teil davon zu sein.

So führst du nicht nur schwierige Gespräche, sondern begleitest dich selbst professionell durch diese Prozesse.

 

 

 

Reife inmitten familiären Sturms

 

Familiäres Drama im Familienunternehmen lässt sich nicht vollständig vermeiden. Zu viele Geschichten, Hoffnungen, Ängste und Visionen treffen aufeinander. Entscheidend wird, wie du in diesem Feld stehst und sprichst.

Du stärkst deine Rolle, indem du deine inneren Rollen sortierst, klare Strukturen im Hintergrund nutzt, Gespräche mit Eltern und Geschwistern bewusst führst, die Partnerschaft als Ressource pflegst und innerlich mit Loyalität, Schuld und Freiheit arbeitest. So entsteht eine Führung, die familiäre Wurzeln ehrt und gleichzeitig eine eigenständige, erwachsene Linie zeigt.

Genau dort liegt die besondere Chance von Familienunternehmen: Wenn Menschen lernen, inmitten alter Geschichten neue, reife Gespräche zu führen, entsteht eine Kultur, die sowohl menschlich als auch wirtschaftlich trägt – über Generationen hinweg.

P.S.

 

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Die Artikel sind meist kurze Auszüge der umfangreicheren Kursunterlagen, die Teilnehmende im entsprechenden Gruppen- oder Einzeltraining oder im Coaching erhalten.

Autor: Karsten Noack
Erstveröffentlichung: 11. Mai 2008
Überarbeitung: 16. August 2025

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