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Bundestagswahl & Körpersprache: Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz

Wie die Kandidaten sich durch ihre Körpersprache verbessern könnten
 
Körpersprache der Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz

Körpersprache der Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz

 

Am 24. September 2017 ist es soweit, die Bundestagswahl 2017 wartet auf Stimmzettelkreuze. In einem Radiointerview der dpa wurde ich am Donnerstag, 24. August 2017 zur Körpersprache der Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz befragt.

Politiker:innen stehen immer auf der Bühne. Wer in der Politik mitmischen will, lernt deshalb, die eigene Gestik unter Kontrolle zu halten. Denn je weiter es nach oben geht, desto genauer schauen die Fernseh- und Fotokameras hin – wo möglich sogar hinter den Kulissen.

Das menschliche Gehirn hat es viel leichter visuelle, als verbale Informationen zu verarbeiten. Die meisten Politiker:innen kennen die Bedeutung der Körpersprache. Manchmal gelingt es Politiker:innenn, die Symbolkraft der Körpersprache ganz gezielt einzusetzen. Wobei Sternstunden hierzulande momentan noch eher die Ausnahme, als die Regel sind.

Zu Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt es ja schon einige Beiträge von mir. Sie hat die überzeugende Körpersprache ja auch nicht erfunden, doch gelten für sie als Amtsinhaberin und ihren Herausforderer in mancherlei Hinsicht unterschiedliche Maßstäbe. Er müsste sich als Alternative absetzen. Wenn das mal so einfach wäre. Der Ärger auf die Kanzlerin und die Merkel-Müdigkeit sind ziemlich abgeebbt. Sie kann im Amt punkten und er braucht nach dem verpufften Schulz-Effekt das Wunder einer Wechselstimmung. Ihre beste Strategie dürfte in der Beibehaltung ihres Auftretens bestehen.

 

 

 

 

Potenzial bei der Körpersprache von Martin Schulz

 

 

1. Blickkontakt

 

Er neigt dazu abzulesen und wirkt durch die Brille dann etwas oberlehrerhaft. Es mag sich zwar um ein volksnahes Brillenmodell handeln, doch Nähe fördert es nicht. Überhaupt ist sein Blickkontakt oft nicht sehr verbindend, wenn er stattfindet. Genau das sucht das Publikum allerdings, um sich mit jemanden zu identifizieren. Außerdem ist ein sicherer Blick erforderlich für die Glaubwürdigkeit. Wer nicht sicher in die Augen anderer Menschen schauen kann, gilt als unehrlich.

 

 

 

2. Gestik

 

Mal abgesehen von Momenten der Fassungslosigkeit wie bei der Beleidigung durch Silvio Berlusconi im EU-Parlament, hat er sich und seine Gestik meist im Griff. Seine Bewegungen wirken allerdings oft zu kontrolliert und reduziert. Seine Gestik ist zwar ausgeprägter als jene von Frau Merkel, doch wird es bei ihm als Herausforderer anders interpretiert. Besser wäre eine abwechslungsreiche Gestik, die ebenso ausdrucksstarke Bewegungen, Posen und auch souveräne Ruhe beinhaltet.

 

 

 

3. Mimik

 

Im Vergleich zur Bundeskanzlerin spricht sein Gesicht Bände. Das kann er dafür einsetzen, als menschlich wahrgenommen zu werden.

Typisch für ihn ist das Lecken über die Lippen und Muskelspiele rund um den Mund.

 

 

 

4. Stimme

 

Beim Vergleich seiner Stimme im Verlauf von der Ankündigung seiner Kanzlerkandidatur bis heute klingt seine Stimme jetzt häufiger angespannt und mitunter auch müde, überanstrengt. Diese Anspannung überträgt sich auf das Publikum und wirkt nach einer gewissen Zeit auch recht unangenehm. Seine recht eigene Satzmelodie klingt oft sehr aneinanderreihend, als handle es sich um trockene Aufzählungen. Der Inhalt wirkt dadurch weniger bedeutsam und es ist schwerer ihm zu folgen. Es scheint, als wenn er nicht wiedergibt, was ihn wirklich bewegt. Bei der Betonung bleibt seine Stimme oft am Stellen zu weit oben, an denen er eigentlich heruntergehen müsste. So gehen auch ansonsten sprachlich interessante Konstruktionen unter. Es geht unnötig sehr viel mögliche Wirkung verloren.

Mit relativ wenig Aufwand ließe sich die Ausdruckskraft seiner Stimme deutlich steigern.

 

 

 

5. Haltung

 

Gerne führen seine Füße unter dem Tisch ein Eigenleben, das vermittelt Unsicherheit. Martin Schulz neigt zu geschlossenen Körperhaltungen und er wendet sich oft mit Teilen seines Körpers von Gesprächspartnern und Publikum ab. Eine zugewandte, offene Körperhaltung wirkt sympathischer, ehrlicher und überzeugender. In einem weitgehend inhaltsleeren Wahlkampf sind es letztlich die Bilder, die wahrgenommen werden.

 

 

 

5. Dramaturgie und Begeisterung

 

Der Spannungsbogen fehlt bisher. Es gibt bei seinen Auftritten keine ausreichende Steigerung, mit der sich die Begeisterung über das Anfangsniveau aufbauen könnte. Er benötigt mehr Puste und dramaturgische Strategien, die das Publikum mitnehmen.

 

 

 

6. Umgang mit Applaus

 

Es ist auch eine Frage des Respekts, den Applaus des Publikums zu würdigen, anstatt ihn einfach zu übergehen, wie er es oft getan hat. Bei neueren Auftritten hat er sich hier gebessert.

 

 

 

Fazit

 

Ihm hilft, was die Kontroverse fördert, ihn dabei authentisch und begeisternder wirken lässt.

 

 

 

Was hilft und was schadet

 

 

Nachteilige Körpersprache

 

Körpersprache schadet, die den folgenden Eindruck vermittelt.

 

Beispiele:

  • Ängstlichkeit
  • Arroganz
  • Berühren des eigenen Gesichtes
  • Desinteresse
  • Erzwungenes unechtes Lächeln
  • Fehlender Blickkontakt
  • Gefühllosigkeit
  • Falsches Lächeln
  • Handflächen oder gar Hände verbergen
  • Unstimmigkeiten zwischen verbaler Aussage und Körpersprache
  • Kleinermachen
  • Nervöse Bewegungen
  • Rasches und häufiges Augenblinzeln
  • Ruckartige Bewegungen
  • Schutzhaltungen
  • Schwankender Körper
  • Überkreuzen der Arme und andere Versionen geschlossener Körperhaltung
  • Unsicher umherstreifender Blick
  • Zeigefinger auf jemanden richten
  • Zurückweichen im Stand oder Zurücklehnen auf Sitzgelegenheiten

 

 

 

Hilfreiche Körpersprache

 

Beispiele:

  • Abwechslungreiche Stimme
  • Ansteckende Zuversicht
  • Aufrechte Haltung
  • Echtes Lächeln, wo es angebracht ist
  • Sichere ausgeprägte Bewegungen
  • Sicherheit
  • Gelassenheit
  • Offene Handflächen zeigen
  • Offene Körperhaltung

 

 

 

Videos

 

Bilden Sie sich eine eigene Meinung. Körpersprache bietet oft einen breiteren Spielraum bei der Interpretation. Hier ein paar Videos bei YouTube™ (Externe Links):

Umfrageergebnisse

 

Ich wünsche mir lebendigere politische Debatten mit echten Argumenten.

 

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Ergebnis einer nichtrepräsentativen Umfrage auf www.karstennoack.de (n= 1261)

Anmerkungen

 

In den Beiträgen der Serien Körpersprache und Rhetorik-Check geht es darum die rhetorische Wirkung ausgewählter Personen zu analysieren. Jegliche politische Bewertung bleibt dabei außen vor und ist auch in den Kommentaren nicht erwünscht. Stattdessen geht es darum anhand der Beispiele zu erkennen was unter welchen Umständen funktioniert und was nicht, was lässt sich für eigene Zwecke lernen. Mit anderen Worten; es geht nicht um das Nörgeln, sondern das Aufdecken von Potenzialen.

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