Lügen in Interviews ist keine gute Idee
Medienkompetenz, Entscheidungen und KörperspracheLügen in Interviews
Lügen haben kurze Beine. Was nicht schnellstens durch den Faktencheck enthüllt wird, wird später aufgedeckt. So oder so gibt die Körpersprache in viel zu vielen Interviews Hinweise darauf, dass mit den Aussagen etwas nicht stimmt.
Überblick
- Lügen in Interviews ist keine gute Idee
- Bärendienst und Nebenwirkungen
- Also vollkommen offenbaren?
- Relative Wahrheit
- P.S.
- Kommentare
- Ergänzende Artikel
Lügen in Interviews ist keine gute Idee
Die Lüge ist wie ein Schneeball: Je länger man ihn wälzt, desto größer wird er.
Martin Luther
Abgasskandale, Doping und andere Verfehlungen gehören selten zum Gegenstand von Prahlereien. Dabei will kaum jemand erwischt werden. So weit, so verständlich.
Lügen ist schon sonst keine schöne Sache, doch während eines Interviews multiplizieren sich die Konsequenzen, sobald die Wahrheit ans Licht kommt. Und das geschieht früher oder später, Lügen haben ja bekanntlich kurze Beine.
Drei Worte: Hundertprozent glaubwürdiges Dementi.
Independence Day
Was nicht schnellstens durch den Faktencheck enthüllt wird, wird doch irgendwann aufgedeckt. So oder so gibt die Körpersprache in viel zu vielen Interviews Hinweise darauf, dass mit den Aussagen etwas nicht stimmt. Körpersprachexperten sehen so etwas täglich, ungeübte Beobachter haben zumindest ein komisches Bauchgefühl. Nicht nur deshalb sind Lügen in Interviews eine sehr schlechte Idee.
Bärendienst und Nebenwirkungen
Warum auch lügen? Ohne Not zu lügen, hat wenig Sinn und bei der Krisenkommunikation stellt Lügen ohnehin die denkbar schlechteste Reaktion dar. Der ohnehin schon erfolgte Schaden wird dadurch nicht nur vergrößert, sondern auch für lange Zeit in Stein gemeißelt bzw. digital vervielfältigt.
Leute wie Dr. Cal Lightman und auch ich, werden regelmäßig gebeten Auftritte in den Medien daraufhin zu analysieren, wie glaubhaft die Aussagen sind. Gerade die Körpersprache gibt hierzu oft mehr preis als es dem Interviewten recht ist. Wenn das Gesicht nicht zur Stimme passt, die Stimme nicht zum Inhalt oder der Inhalt nicht zu den Gesten, dann stimmt etwas nicht. Es ist nicht ein Hinweis, es gilt auf so viele wie möglich in ihrem Kontext zu achten. Das Gesicht hat zwar nur 43 Muskeln, kann damit jedoch mehr als 10.000 Gesichtsausdrücke erzeugen und die können gedeutet werden. Und wie sich zeigt, sind die darauf basierenden Einschätzungen durchaus brauchbar. Manchmal dauert es zwar etwas mit der Bestätigung, doch irgendwann kommt die Wahrheit schließlich heraus. Meist ist es besser, die Verantwortung von sich aus zu tragen.
Also vollkommen offenbaren?
Ehrlichkeit ist eine willkommene Tugend, wobei radikale Ehrlichkeit eher weniger gut für die soziale Verträglichkeit ist.
Allerdings ist es auch nicht erforderlich, das Kind mit dem Bade auszuschütten und sich ohne Grund vollkommen zu entkleiden. Selbst bei aggressiven Fragen ist es empfehlenswerter den Hinweisen im Artikel „Kein Kommentar!“ zu folgen, als Dinge zu sagen, die Sie nicht sagen wollen. Nicht jedes Publikum ist fair und wohlwollend, weswegen missverständliche Äußerungen leicht missbraucht werden.
Relative Wahrheit?
Heute lügt jeder. Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners, meinte Heinz von Foerster. Er sah die Grenze von Wahrheit und Lüge so nicht. Auf eine weniger philosophische Weise würde Donald Trump beipflichten. Es gibt aus Sicht mancher Leute keine Lügen mehr, sondern nur alternative Fakten. Falschmeldungen oder irrtümlich als Fakt dargestellte Neuigkeiten werden als Fake News bezeichnet. Faktencheck? Das braucht doch niemand oder doch? Tatsächlich ändert er nur noch bedingt etwas. Das Internet ist nicht nur schneller bei der Aufdeckung von Lügen, sondern auch bei deren Vervielfältigung. Früher gab es den Spruch „Das Archiv ist die Rache der Journalisten an den Politiker:innenn.“ und das hat mittlerweile viele seiner Zähne verloren.
An dieser Stelle bemerke ich, dass meine Gedanken in unterschiedliche Richtungen gehen. So manch ein Zeitgenosse könnte nun meinen, wenn der Zeitgeist es so will, dann gehören relative Wahrheiten nun halt dazu. Ich halte die Behauptung, der Zweck heilige die Mittel, für problematisch. Es macht die Welt zu einem schlechteren Ort!
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Unterstützung für deinen Medienauftritt
Du willst die Gelegenheit beim Schopf packen, dich den Fragen stellen und überzeugende Antworten geben? Dann unterstütze ich dich bei der Vorbereitung deines Medienauftritts. Über den Umfang der Unterstützung entscheidest du.
Meine Empfehlung: Zumindest einen Probelauf mit professionellem Feedback solltest du dir und deinem Publikum gönnen. Dann kannst du selbst besser beurteilen, wie du und deine Antworten auf deine Zielgruppe wirken, was du tun und was du besser lassen solltest, wo es Potenziale gibt. Wieso willst du erst nach deinem echten Auftritt solche Rückmeldungen bekommen? Dann ist es für Korrekturen zu spät. Gerade bei Kreuzfeuerinterviews geht es oft heiß her und erst im Anschluss ist dann Zeit das Ergebnis zu betrachten.
Was kostet eine solche professionelle Unterstützung? Hier findest du die Honorare. Du weißt selbst am besten, welcher Aufwand im Verhältnis zum erwarteten Nutzen steht. Profitiere vom Vorsprung. Das geht übrigens auch mit Sitzungen via Telefon oder mit Videounterstützung.
Es wird meist verschwiegen, doch leiden sehr viele Menschen bei ihren Auftritten in den Medien unter sehr intensivem Lampenfieber. Schade, weil das mit entsprechender Hilfe nicht notwendig ist. Nur, für den Fall, …
Die Artikel sind meist kurze Auszüge der umfangreicheren Kursunterlagen, die Teilnehmende im entsprechenden Gruppen- oder Einzeltraining oder im Coaching erhalten.
Autor: Karsten Noack
Erstveröffentlichung: 21. Mai 2004
Überarbeitung: 29. Januar 2020
AN: #882
K:
Ü:
Wer findig genug ist, eine Lüge glaubhaft darzustellen, mag lieber geradezu die Wahrheit sagen.
Oscar Wilde
Die Strafe des Lügners ist nicht, dass ihm niemand mehr glaubt, sondern dass er selbst niemandem mehr glauben kann.
George Bernard Shaw
Für einen Politiker ist es gefährlich, die Wahrheit zu sagen. Die Leute könnten sich daran gewöhnen, die Wahrheit hören zu wollen.
George Bernard Shaw
Momentan haben viele Menschen wohl einen anderen Eindruck als mein Beitrag vermitteln soll. Am Beispiel der Politik; Lügen lohnt sich doch.
Ich hoffe doch nicht!
Wird nicht meist in Interviews gelogen?
Ein offizieller Faktencheck macht es weniger attraktiv zu lügen.
Ich befürchte, die meisten (alle?) Lügner sind der festen Überzeugung, „meine Lüge deckt niemand auf“. Damit schlägt jede Logik in Richtung schlimmer Konsequenzen fehl.