Right or Kind? Recht behalten oder freundlich sein?
Wer Recht hat, muss sich nicht rechthaberisch aufführen. Beziehung vor Ego-Sieg.

Recht behalten oder Freundlichkeit pflegen?
Wenn wir die Wahl haben zwischen recht haben und freundlich zu sein, sollten wir freundlich wählen. Was meinen Sie dazu?
Niemand ist weiter von der Wahrheit entfernt als derjenige, der alle Antworten weiß.
Zhuangz
Einleitung
„Nicht schlagele, schüttele!“, pflegen meine Freunde aus der Gegend von Weingarten in ihrem charmanten Dialekt zu sagen, bei dem, nach meinem Gefühl, jedem Wort ein „le“ angehängt wird. Das klingt dann zwar harmloser, aber manch‘ uneinsichtigem Zeitgenossen möchte man mitunter doch mit sanfter Gewalt zur richtigen Einsicht verhelfen, oder? Im Gedanken natürlich nur – und gefolgt von drei Ave-Maria! Wollen oder können diese Ignoranten nicht verstehen? Nicht ärgern, nur wundern? Von wegen!
Recht behalten um jeden Preis?
Ja, zu meiner Berufung gehört es, Menschen dabei zu unterstützen, gehört zu werden und zu überzeugen. Einer meiner Workshops nennt sich sogar Vor Publikum Recht behalten. Weshalb sollte es sich lohnen, darüber nachzudenken, ob das immer richtig ist?
Weil es mitunter wichtiger sein kann, freundlich zu sein, anstatt sich selbst auf die Schulter zu klopfen, obwohl wir im Recht sind. Für so einen kurzfristigen, dem Ego schmeichelnden Moment, Beziehungen zu beschädigen ist es jedenfalls meist nicht wert. Mitunter kann so ein Disput darüber, wer recht hat, sehr heftig ausgetragen werden. Die Verletzungen, die dabei verursacht werden, stehen häufig nicht mehr im Verhältnis zur Bedeutung des eigentlichen Themas. Das bekommen wir im Eifer des Gefechts nicht mehr mit, dann geht es um Grundsätze – es geht nur noch um die Frage: Wer hat recht? Und die will jeder für sich entscheiden, auf Teufel komm raus. Es wird zu einer sehr persönlichen Angelegenheit.
Für manche Menschen ist es wichtiger, dass sie recht haben, als dass es ihnen gut geht. Der Preis ist dann mitunter die Einsamkeit.
Johann Wolfgang von Goethe meinte „… wir alle sind so borniert, dass wir immer glauben, recht zu haben.“ Und Voltaire behauptete: „Das Vergnügen, recht zu behalten, wäre unvollständig ohne das Vergnügen, andere ins Unrecht zu setzen.“ Der US-Amerikanische Autor Wayne Dyer pflegte zu sagen: “When given the choice between being right and being kind, choose kind.” Also: „Wenn wir die Wahl haben zwischen recht haben und freundlich zu sein, sollten wir Freundlichkeit wählen.“
Der kommt den Göttern am nächsten, der auch dann schweigen kann, wenn er im Recht ist.
Marcus Porcius Cato, der Ältere
Aber das geht doch nicht!
Slartibartfast: „Ich bin doch lieber jeden Tag glücklich als im Recht, oder?“
Arthur: „Und? Sind Sie’s?“
Slartibartfast: „Äh, nein. Da liegt ja der Hund begraben.“
Per Anhalter durch die Galaxis
Plädiere ich hier und jetzt dafür, dass wir uns dumm stellen sollen, zu allem Ja und Amen sagen sollten? Nein! Es ist wichtig, für die eigene Meinung einzutreten, Verantwortung zu übernehmen. Oft genug spielt das aber überhaupt keine Rolle, wenn wir anderer Meinung sind. Und viel zu oft geht es in erster Linie darum, zu gewinnen, recht zu haben und zu behalten. In solchen Fällen ist der wahrscheinliche Schaden größer als der absehbare Gewinn. Und Beziehungen haben einen Wert, mitunter sogar einen sehr hohen. Viele Menschen wertschätzen sie erst, wenn sie bedroht oder sogar beendet sind.
Man soll nicht immer recht haben wollen.
Søren Aabye Kierkegaard
Ja, und?
Wer nicht immer sofort recht haben muss, hat es auch leichter, ein guter Zuhörer zu sein. Wer verkrampft seinen Willen durchsetzen will, hat keine Ressourcen mehr für die Wahrnehmung seines Gegenübers frei. Das erschwert die Kommunikation, der gewünschte Dialog wird zum schnöden Monolog.
Vorbereitung wichtiger Gespräche und Verhandlungen
Kommunikation kann ganz einfach sein. Ist sie allerdings oft nicht. Selbst der einfachste Mensch ist immer noch ein sehr kompliziertes Wesen. Manchmal sagen wir Dinge und merken dann erst an der Reaktion unserer Gesprächspartner, dass diese mit jemand ganz anderem gesprochen zu haben scheinen. Das habe ich doch beim besten Willen nicht gesagt. – Oder doch?
Mehr oder weniger bewusst geht es in Gesprächen darum, andere Menschen von etwas zu überzeugen – sei es von einem besonderen Angebot, der eigenen Person, einer Ansicht oder einer Notwendigkeit. Gelingt das nicht schnell genug und vor allem nicht auf den Punkt genau und in anschaulicher Weise, verlieren Gesprächspartner rasch das Interesse und wir die erhoffte Aufmerksamkeit. – Gespräch gescheitert.
Sie können sich von mir bei der Vorbereitung Ihrer Gespräche und Verhandlungen (sicherheitshalber: keinerlei Rechtsberatung!) unterstützen lassen. Finden Sie heraus, wie Sie und Ihre Botschaft wirken (Argumente, Körpersprache, Sprache, Stimme und vieles mehr). Ich mache Sie mit effektiven Werkzeugen und Kommunikationsstrategien vertraut. Bauen Sie Ihre psychologischen Fähigkeiten aus, lernen Sie die Ruhe zu bewahren, souverän aufzutreten, authentisch zu bleiben und schließlich zu überzeugen.
Ergänzende Artikel
- Überzeugen: Systematisch Zweifel säen, statt gegen Wände zu rennen
- Gelassenheit ist besser als der Krampf, es jedem recht machen zu wollen
- Ebenen der Kommunikation: Modell der vier Seiten
- 18 Kommunikationstipps: Es ist ein Wunder, dass Missverständnisse nicht die Regel sind
- Eristische Dialektik: Schritt für Schritt die Kunst Recht zu behalten
P.S.
Wie halten Sie es mit der Wahl zwischen Freundlichkeit und Beziehungspflege oder um jeden Preis recht behalten? Wie entscheiden Sie, wann und wie weit Sie Ihren Standpunkt vertreten?
8 Kommentare
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Dieser Artikel ist ein kurzer Auszug der umfangreicheren Kursunterlagen, die meine Teilnehmer im entsprechenden Gruppen- oder Einzeltraining oder im Coaching erhalten.
Autor: Karsten Noack
Erstveröffentlichung: 22. Mai 2006
Überarbeitung: 6. März 2019
AN: #43349
K:CNB
Ü:
Wenn nur das Ego nicht wäre …
JA!
Das mischt sich da gerne ein bei de Entscheidung zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Das ist ein ständiger Lernprozess!
Für mich eine leichte Wahl, theoretisch zumindest.
Gut!
Ich hoffe für …
Das entscheide ich mit Hinsicht auf die langfristigen Konsequenzen.
Bei meinen Kollegen wäre das keine gute Idee. Die würden das ausnutzen.
Schöner Gedanke und unrealistisch.
Das „be kind“ liegt in meiner Natur. Ich ziehe es meist vor, freundlich zu sein, als auf meiner Meinung zu beharren. Oft stoße ich damit an Grenzen, weil ich von Menschen umgeben bin, die genau andersrum agieren. Aber ich kann nicht anders! Finde Menschen sehr unsympathisch, die immer Recht haben wollen.