Innovationen und Wettbewerb
Die Globalisierung lässt sich nicht ignorieren. Weltweiter Wettbewerb und die hohen Lohn- und Nebenkosten sorgen auch in Deutschland dafür, dass sowohl innovative Produkte und Produktionsprozesse als auch ein deutlicher Wissensvorsprung erforderlich sind, um bestehen zu können.
Ein wesentliches Ziel ist es daher, auch angesichts des vergleichsweise hohen Lebensstandards die Produkte und Dienstleistungen hinsichtlich der Kosten und des Angebotes so attraktiv wie möglich zu gestalten.
Erfolgreiche Innovationen sind dabei auf eine definierte Zielgruppe ausgerichtet. Sie basieren also zuerst auf der Bedürfnisermittlung der Kunden. Dabei kann es vorkommen, dass es der Zielgruppe noch gar nicht bewusst ist, dass sie ein Produkt oder eine Dienstleistung benötigt. Schon die Kompetenz, sich in deren Perspektive hineinzuversetzen und Zielszenarien zu entwickeln, bedarf imaginärer Fähigkeiten und Kreativität.
Wirtschaftlich erfolgreiche Menschen sind der Zielgruppe nahe und kennen die betrachteten Bereiche möglichst sogar besser als diese selbst. Sie erkunden, was die Zielgruppe braucht, was sie bewegt: Das zeigt auch das Beispiel des Berliner Wirtschaftsprofessors Günter Faltin. 1985, als hochwertige ökologische Produkte noch keineswegs eine Selbstverständlichkeit für die breite Bevölkerung waren, rief er die „Teekampagne“ ins Leben. Das Unternehmen bietet hochwertigen biologisch angebauten Tee an und ist damit recht erfolgreich. Für Faltin ist das Unternehmertum ein kreativer Akt, für den vor allem ein gut durchdachtes Konzept erforderlich ist. „Kopf schlägt Kapital“, heißt Faltins bekanntestes Buch.
Besonders die Fähigkeit, sich von bekannten Denkmustern zu befreien, fördert Einsichten, eröffnet Möglichkeiten: Das Vorwegnehmen einer Entwicklung bei gleichzeitiger Verbundenheit mit dem Erleben der Zielgruppe lässt Lösungen zu, die sowohl anders als auch bedarfsgerecht sind. Die Zielgruppe findet sich in Angeboten wieder, über deren Notwendigkeit sie sich vorher noch gar nicht im Klaren war. Der Automobilhersteller Henry Ford (1863 bis 1947) soll gesagt haben: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“
Fortschritt findet nicht im luftleeren Raum statt. Gesellschaftliche und technologische Veränderungen beeinflussen sich gegenseitig. Manches entwickelt sich noch immer evolutionär; es basiert auf vorhandenen Trends, die weitgehend fortgeschrieben werden. Doch viele Veränderungen bestehen nicht aus Weiterentwicklungen im eigentlichen Sinne, sondern sind so neuartig wie die mit ihnen verbundenen Anforderungen und Chancen. In der Informationstechnologie und der Medienindustrie gibt für diesen gewaltigen abrupten Wandel zahlreiche Beispiele. Da viele Menschen heute über große technologische Möglichkeiten verfügen, ist auch der Wettbewerb bei deren kommerziellen Nutzbarmachung entsprechend groß.
Vieles scheint möglich, doch welche der vielen Möglichkeiten sollen realisiert werden? Neben dem Innovationsdruck spielt auch die Zeit eine Rolle. So versuchen Wettbewerber wie die Soft- und Hardwareproduzenten Apple und Microsoft, in immer kürzeren Abständen innovative Produkte auf den Markt zu bringen.
Wer eine kreative Grundhaltung mitbringt, kann leichter erkennen, welcher Fokus in welchem Moment angebracht ist. Bei eingeschränkten Ressourcen ist die Konzentration auf ein bestimmtes Vorhaben oder einen bestimmten Aspekt wesentlich für effektives Arbeiten. Das gilt für Anbieter von Produkten und Dienstleistungen ebenso wie für die Karriere eines Einzelnen.
Um zu erahnen, was möglich ist, um an einem Trend teilzuhaben und ihn gegebenenfalls zu beeinflussen, braucht es Fantasie und Konzentration auf das Wesentliche.
Ideen eine Chance geben
Viele gute Einfälle bekommen allerdings erst gar keine Chance. Oft wird der Idee, noch häufiger den eigenen Möglichkeiten misstraut: Es wird nicht in die Fähigkeiten investiert, die nötig wären, um neuen Ansätzen oder Produkten zur erforderlichen Aufmerksamkeit zu verhelfen. Nicht nur diejenigen, die ihre interessanten Ideen nicht umsetzen, verzichten dabei auf Chancen; auch anderen Menschen wird die Möglichkeit genommen, davon zu profitieren. Neben Kreativität benötigt man für den Erfolg also ein Bewusstsein dafür, wozu eine Idee wirklich notwendig ist, und die Fähigkeit, sich Gehör zu verschaffen.
Kreative Ideen oder neues Wissen ergeben noch keine Innovation. Innovationen ergeben sich erst dann aus Ideen, wenn sie zu neuen Produkten, Dienstleistungen oder Verfahren werden. Es sind erst dann Innovationen, wenn die tatsächlich zu einer erfolgreichen Anwendung führen und den Markt durchdringen.
Ohne kreative Unternehmenskultur geht’s nicht
Das wichtigste Kapital eines Unternehmens sind seine Mitarbeiter und deren Ideen: Sie sind nah an Produkten und Kunden. Deswegen sind ihre Empfehlungen zur Verbesserung von Arbeitsprozessen und für die Entwicklung neuer Produkte ﹣ zwei wichtige Faktoren, wenn es darum geht, die Marktposition im internationalen Wettbewerb zu stärken ﹣ oft besonders wertvoll. Wer genauer hinsieht, erkennt allerdings, dass die Masse der Arbeitgeber dieses Potenzial nicht angemessen fördert. Sporadisch werden Ideenwettbewerbe oder die Prämierung besonderer Leistungen durchgeführt. Doch wer die Kreativität der Mitarbeiter als festen Bestandteil in die Unternehmenskultur integrieren will, muss sie konsequent und kontinuierlich fördern.
Mitarbeiter, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren, bringen sich von sich aus ein, also aufgrund ihrer eigenen (intrinsischen) Motivation. Sie suchen Gestaltungsfreiheit, selbstbestimmtes Arbeiten und Eigenverantwortung. Dort, wo solche Freiräume geschaffen werden, sind durchweg positive Resultate nachweisbar. Sie zeigen sich in steigender Produktivität, stärkerem Kostenbewusstsein, im Betriebsklima, im Rückgang der Fehlzeiten, sinkender Mitarbeiterfluktuation. Die Unternehmensleitungen müssen jedoch ein Stück ihrer Furcht ablegen, etwas Kontrolle abzugeben und ihren Mitarbeitern mehr vertrauen. Doch für viele Vorgesetzte ist das ein Problem, denn Sie wollen von der Kreativität der Mitarbeiter profitieren, fürchten aber zusätzliche Ansprüche, etwa an Entscheidungen oder gar am Erfolg beteiligt zu werden. Hier gibt es keinen Mittelweg: Wer das eine möchte, muss auch das andere bieten. In Unternehmen, die das beherzigen, liefert Kreativität einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg.
Im Rahmen des Qualitätsmanagements haben sich im letzten Jahrzehnt Instrumente durchgesetzt, bei denen die Meinungen von Mitarbeitern stärker zur Verbesserung von Prozessen im Unternehmen herangezogen werden. Darunter fallen insbesondere interne und externe Analysen, und auch beispielsweise das betriebliche Vorschlagswesen, Thinktanks und Qualitätszirkel. Solche Methoden finden allerdings seltener Anwendung im Innovationsmanagement.
Die in der Praxis recht häufig halbherzigen Maßnahmen sind zum Scheitern verurteilt. Die einmalige Entsendung von Mitarbeitern in Kreativitätstrainings und dergleichen gibt einen ersten Anstoß. Doch leider wirkt das sehr oft wie eine Alibiveranstaltung, denn das bleibt wirkungslos, wenn diese anschließend im Betrieb kein Umfeld vorfinden, das es ihnen möglich macht, das Erlernte umzusetzen. Wo die Rahmenbedingungen fehlen, trifft Kreativität nicht auf den notwendigen Nährboden und verkümmert. Es existieren auch positive Beispiele wie die Beteiligung der Mitarbeiter an den Gesamtprozessen im Unternehmen. Das wirkt sich oft sehr positiv auf die Entwicklung zusätzlicher Ideen aus.
Häufig stehen die Wünsche nach Stabilität und Kreativität in Unternehmen im vermeintlichen Widerspruch zueinander. Erfahrungen sind durchaus ein großer Wettbewerbsvorteil. Sie ermöglichen Effektivität durch Routinen; bewährte Prozesse führen auf direktem Weg zum beabsichtigten Ziel. Ohne Innovation findet jedoch keine Veränderung statt, es herrscht Stillstand im eigenen Haus. Damit Potenziale sich dauerhaft entfalten können, muss die Kreativität in die Unternehmenskultur eingebettet und Teil der authentischen Identität einer Organisation werden. Damit es hier von einer Absichtserklärung zu einer gelebten Kultur kommt, ist einige gemeinsame Anstrengung erforderlich. Der Weg lohnt sich!